Der Jubiläumsgrat – der lange Arm von der Zugspitze zur Alpspitze. Links das Höllental, rechts das Reintal. Er ist einer der berühmtesten Gratüberschreitungen der Alpen und ist für viele ambitionierte Bergsteiger eine Herausforderung der Superlative. Wenn ich ihn vom höchsten Berg Deutschlands betrachte werde ich ehrfürchtig von dessen Ausmaße. Ein paar Daten zur Tour: 8 KM auf hochalpinem Grat-Gelände, wenig Gehstrecke viel ungesicherte Klettereien bis zum 3. Grad, Klettersteigelemente bis Kat. D, Dauer ca. 7 Stunden.
Jubi vom Zugspitz-Gipfel
Der Jubi ist nur den erfahrenen Bergsteigern vorbehalten, die Schwindelfreiheit und Trittsicherheit beherrschen, vertraut mit solchem Gelände und Rückwärts ab klettern bis II sind. Es hat Jahre gedauert, dass ich an diesen Punkt gekommen bin, doch heute ist es soweit. Mit der ersten Seilbahn um 08:00 fahren wir vom Eibsee aus hinauf zum goldenen Kreuz. Von dort beginnt der Höllenritt über den Grat – die Alpspitze sehen wir weit in der Ferne. Die erste Hälfte des Jubis ist die schwierigere, da hier kaum Fixseile vorhanden sind.
Kurz nach dem Start
Auf einigen nur Handtuchbreiten Passagen geht man über den Grat dahin. Für Manche stellen die beiden jeweils 1.000 Meter tiefen Abgründe rechts und links eine psychische Herausforderung dar. Bereits die ersten Kraxelstellen im Abklettern bieten ein paar 2er auf, man merkt schnell was einen heute noch so erwartet. Bald erreichen wir die Schlüsselstelle (eine III): An einem Ring verwenden wir unsere 20 Meter Reepschnur um uns mittels Prusik etwas selbst zu sichern. Rückwärts die Rinne runter tue ich mir schon schwer, bis ich einen Tritt finde. Die Angst macht sich breit…
Die Schlüsselstelle: III
Der eigentliche 3er beginnt aber nach der Rinne, bei der Querung nach rechts. Und hier reicht mein Seil auch nicht mehr. Patrick gibt mir ein paar Hinweise zu Tritten und es klappt, jedoch sind Griffe etwas schwierig. Ich muss sagen so ganz ohne Sicherung war das für mich eine echte Überwindung das zu klettern. Als wir alle sicher diese Stelle gemeistert haben, geht es weiter über den Grat. Etwas über Köpfle kraxeln, dann etwas das rutschige Feld runter und wieder zurück zum Grat. Eine weitere schwere Stelle stellt ein kleiner Pfeiler da, dessen Weg hinab im leichten Überhang ist.
Kleiner Überhang: II+
Auch hier nutzen wir das Seil. Weiter geht es auf dem stets freien Gelände. Dann erreichen wir das erste Drahtseil – das tut zur Abwechslung mal gut. Anschließend geht es wieder auf dem Grat weiter, etwas Gehstrecke und hin und wieder eine Querung zum Kraxeln. Die innere Höllentalspitze kommt langsam Näher. Wieder etwas mit Drahtseil runter und wir stehen direkt vor dem Gipfelaufbau. Dort hinauf geht es jetzt teils mit Drahtseil, teils ohne aber relativ einfach. Doch auch die Höhe macht sich bemerkbar, da man einfach mehr Schnaufen muss beim Aufsteigen.
Ein Blick zurück zur Zugspitze macht mir geradezu eine Gänsehaut. Wie sie dort hinter uns steht und dieser irre, kaum deutbare Weg von dem wir gekommen sind. Weiter am Grat ziehen immer mehr Wolken auf und geben dem Jubi eine dramatische Kulisse. Nach dem Abstieg vom ersten Gipfel erreichen wir bald den Wegweißer: Hier ist ca. die Hälfte des Jubis geschafft und der einzig mögliche Notabstieg ins Reintal.
Ab jetzt kommen zunehmend mehr und mehr Drahtseile und Klettersteigpassagen bis C, jedoch sind nach wie vor etliche Teilstücke ungesichert zu klettern. Das nächste Ziel ist nun die mittlere Höllentalspitze. Dort hinauf geht es über eine schottrige Wand (ungesichert) und weiter über Querungen knapp unterhalb des Grats. Unter einem stets der Abgrund. Dann mittels Drahtseil hinauf zum Gipfel. Hier machen wir unsere einzige Brotzeit-Pause. Ein toller Ort zum Sitzen, da man von hier wieder weit über den Grat blicken kann, auch die kleine rote Biwakschachtel ist schon zu sehen.
Pausenplatz mit Biwak in Sicht
Bis dorthin ist es jetzt erstmal purer Genuß: Gehstrecke am Grat mit nur leichten Kraxelstellen. Am Biwak angekommen werfen wir einen neugieren Blick hinein. Es ist gemütlich und gibt 12 Matratzen sowie Decken und Kissen und das sogenannte „Grathüttl“ hat massive Stahlwände und ist wetterdicht gebaut. Von hier aus weiter wandern wir fast blind, da nun die Wolke den Jubi bedeckt hält. Die zweite Hälfte des Jubis ist viel einfacher? Nun zumindest ist man jetzt warm und der Kopf ist aufs klettern eingestellt, allerdings spielt die Ausdauer mehr mit rein. So oder so, es gibt jetzt jede Menge Drahtseil, was viele Abstiege vereinfacht.
Doch bei einem Abstieg ist wieder eine freie Stelle drin, die ich als schwierig empfand. Ist oft nur Kopfsache in so einer Tour. Die äußere Höllentalspitze haben wir bereits überschritten und nun stehen wir vor dem Klettersteig zur Volkarspitze. Wir verwenden jetzt unsere KS-Sets: Es ist nicht wirklich nötig, denn wer den Jubi mit seinen ungesicherten Passagen sicher schafft, braucht selbst bei einem kurzen D-Aufschwung kein Set mehr! Aber dennoch liefert es einfach zusätzliche Sicherheit.
Klettersteig zur Volkarspitze
und der freie Abstieg ...
Die scharfen Pfeiler zerreißen die Wolkendecken und verzaubern alles noch viel dramatischer. Es geht erst am Seil abwärts und dann über ein Stück B hinauf um anschließend an der großen Wand einen kurzen D-Einstieg zu machen. Darüber an Klammern ist es wieder einfaches B. Schon ist die Volkarspitze erreicht. Es geht jetzt weiter über den Grat (wer hätte es gedacht?) in Richtung des Hochblassen. Nach etwas abkraxeln stehen wir vor seiner noch eindrucksvolleren Wand.
Hochblassen Grat
Der Blassengrat ist kein Teil des Jubis und technisch deutlich schwieriger. Der Jubi selbst macht jetzt seinen Knick nach Links und führt nördlich des Hochblassen runter ins Grießkar. Hier haben wir erste Probleme mit der Orientierung, da wir vielleicht 50m Sicht haben und sich hier mehr und mehr Gehmöglichkeiten aufbieten. Anhand der wirklich zahlreichen Markierungen finden wir aber immer zurück. Runter ins Grießkar sind noch wenige Stellen rückwärts abzukraxeln bis man dann auf etwas Schotter abfahren kann.
Es kommen erste Grasbüschel – hier sucht man sich seinen Weg entlang des Kamms in Richtung Alpspitze. Nach Gesamt 7:30h erreichen wir das End-Schild des Jubiläumsgrats. Hier ist der Jubi offiziell geschafft. Ein Schild zeigt den Abstieg ins Matheisenkar mit 2,5 Std. zur Höllentalangerhütte an. Wir gehen aber noch hinauf zur Alpspitze. Hier kommen wir jetzt auch in die Reserven: denn der Aufstieg geht noch eine halbe Stunde.
Hoch zur Alpspitze
Und selbstverständlich kein Wanderweg, sondern ein Steig. Also wieder am Drahtseil gehen. Als wir dann endlich an der Alpspitze ankommen und uns freuen, wird uns auch bewusst, dass wir die letzte Talfahrt niemals mehr schaffen. Hier oben im Nebel bei 0 Sicht sitzen wir nun auf der Alpspitze und müssen noch 2.000hm Absteigen. Der Alpspitzferrata ist berühmt für sein völlig übertrieben viel verbautes Eisen, aber ich persönlich hab mich jetzt drüber gefreut, so kamen wir nämlich sehr schnell runter. Keine Trittsuche mehr, nur noch stumpf rückwärts alles runter.
Alpspitzferrata
Nach nur 1 Stunde schaffen wir es zum Ausstieg des Klettersteigs und sind somit das erste Mal außerhalb von alpinem Gelände. Wir ziehen Hüftgurte und Helme aus und ziehen weiter. Mei, dann dauert hoit no!! Dafür hamma ja den Jubi gepackt! Eine chillige Wanderung über die geschlossene Alpspitzbahn und weiter runter zum Kreuzeckhaus folgt. Dort stoßen wir dann sogar noch mit einer Runde Bier auf den Erfolg an, bevor wir uns an den wirklich steilen Restweg machen.
Gesamt nun 12 Std., 980hm rauf und 3.140hm ab, sowie 21 KM Gesamtstrecke – Was für eine Tour!
Fazit
Die Jubi sitzt noch in meinen Knochen, er erfordert viel Kletterkondition und Ausdauer. Vor allem die Konzentration darf niemals nachlassen, auch wenn die Tour 8 Stunden dauert. Dennoch war es ein unglaublich eindrucksvoller Ritt über das Wettersteingebirge wie ich es noch nie gesehen habe! Technisch würde ich sagen 90% Genußklettern und 10% Angstklettern.