Eine Watzmannüberschreitung in Lite? Das wäre dann wohl die Hochtaufen-Zwiesel Überschreitung. Ebenso eine sehr lange Bergtour mit alpiner Kletterei und recht vielen Höhenmetern. Grundsätzlich: Aufstieg zum Hochstaufen & über den Grat in Richtung Zwiesel dann viel loses Geröll, drahtseilgesicherter Steig aber auch freies klettern. Helm und festes Schuhwerk ist sehr zu empfehlen (frei bis I+), sowie genug Wasser und Proviant. Überschreitung hat auch eine Abbruch-Option. Die ganze Tour kann gut und gerne 10-11 Stunden dauern, je nach Pausen und Können.
Aufstieg zum Hochstaufen
Es gibt mehrere Wege, die wir teilweise auch schon auf Headshaker dokumentiert haben. Den Normalweg (Wanderweg, ca. 3,5h), den Goldtopfsteig (Steig T3+, I, 2,5h), über den Pidinger Klettersteig (D, sehr lang, 4h) oder den Steinerne Jäger Steig (Steig, T3, 3 Std.). Wir gehen heute Lezteren. Vom Parkplatz Padinger Alm wandern wir um 8 Uhr los. Zunächst gehen wir ein Stück am Normal-Weg, einem breiten Forstweg, bis wir plötzlich den kleinen Weg nach links in die Büsche sehen. Hier ist der Hochstaufen über seine Steige ausgeschildert. Dieser Wanderweg zieht sich nun erstmal gemächlich und ewig in Serpentinen durch den Wald empor. Über den verwurzelten Weg geht es teils steiler, teils flacher dahin.
Nach 1:45h kommt dann hinter dem Laubwald weiter oben die Leiter. Ab hier geht der Steig los. Heute war wirklich was los, gefühlt ganze Busladungen an Leuten hinter & vor uns am Steig. Der Steig ist relativ einfach und für Geübte kein Problem. Die Stöcke haben wir aber eingepackt. Ein paar Stellen waren der Wand leicht ausgesetzt aber ansonsten machte es einfach nur Spaß da rauf. Die Höhenmeter sammeln sich bereits. Nach ca. 3 Std. sehen wir die Reichenhaller Hütte über uns und kurz darauf sitzen wir mit ca. 500 Leuten auf der Gipfel-Wiese vom Hochstaufen.
Lange bleiben wir nicht, Kinder schreien rum, und kaum Ruhe - und das obwohl es keine Seilbahn gibt. Axel meint noch nie so viele Leute auf einem Berg gesehen zu haben. Den Zwiesel, sieht man von hier jetzt vor sich, noch sehr weit entfernt. Den Weg dorthin kann man kaum erahnen. Wir gehen wieder runter zur Alm und folgen nun dem Normal-Weg nach Westen, dieser geht später über zum Mittelstaufensteig. (ungefähr bei Gehzeit 4:00h)
Der Mittelstaufen Steig
Nach einer Weile zweigt ein fast unscheinbarer Pfad nach rechts vom Normalweg ab. Dies ist der Beginn der Überschreitung. Diese dauert in unserem Fall 3 Stunden. Ab hier finde ich die Tour erst so richtig lohnend! Tolles Gelände, endlich keine Menschen mehr, viel leichte Kraxelei, kein speckiger, abgegriffener Fels, meine geliebten Latschenkiefern, ein milder Wind, gigantisches Panorama, immer das Ziel in Sicht und zunehmende Ausgesetztheit. Genau was ich mir gewüscht hatte!
Nach kurzer Zeit kommt erstmal der Gipfel vom Mittelstaufen. Anschließend folgt der lange Weg, werde ihn jetzt nicht bis ins letzte Detail beschreiben, aber es gibt hin und wieder I+ Klettereien ohne Versicherung, auch wenn der Großteil des Steiges Drahtseile verbaut hat. Er ist durchgängig gut markiert, man kann praktisch nicht falsch gehen. Oft sind die Platten lose, wackelig und sandig. Es gibt gelegentliche Steilstücke auf Schotter, wo jeder Tritt sitzen sollte. Oft genug ist es Sinnvoll rückwärts abzukletten. Es geht gut in die Zeit und die Ausdauer, vor allem, weil man gute 300hm am Grat absteigen muss, die anschließend im Gegenanstieg wieder folgen.
(vielleicht die Schlüsselstelle?)
Nach viel Gratwandern geht der Steig dann unterhalb von schroffen, Felspfeilern entlang zur Roßkarscharte, die sehr eindrucksvoll aussehen. Ich muss schon staunen, da ich den Zwiesel völlig unterschätzt habe. Ich hielt ihn immer für einen Grashügel, jetzt sehe ich vor mir einen Felskessel und ein großes Schotterfeld. (Hier kommt der Abbruchweg, ein direkter Pfad runter ins Tal)
Hinter dem Schotterfeld folgt nun schließlich der Aufstieg zum Zwiesel. Der erste Teil noch etwas Kraxelei, dann nur noch Wanderweg zwischen den Latschenkiefern hindurch und plötzlich stehen wir wieder unter Menschen am Gipfel des Zennokopfs. Geschafft! Wir gehen die 5 Minuten weiter zum Zwiesel-Gipfel und machen erstmal etwas Pause. Schon 16 Uhr (bis hierher 7:15h), die Zwieselalm hat bis 17 Uhr offen… Also steigen wir über den Zwiesel-Normal Weg weitere 35 Minuten ab. Ein schöner Weg zwischen einem Meer aus Latschenkiefern.
Rückweg vom Zwiesel
An der Alm treffen wir auf die Susi, die etwas vor uns denselben Weg mit ihrem Kumpel ging. Wir trinken etwas und kauern uns in die Wiese. Nach einer guten Stunde Pause ziehen wir schließlich weiter. Es ist immer noch ein recht weiter Weg zurück! Viel länger als wir zunächst denken. Eine Möglichkeit wäre es wohl komplett abzusteigen und durch die Ortschaften zurückzuwandern, oder man folgt dem Höhenweg am Berg weiter nach Osten. Dieser zweigt vom Abstiegsweg irgendwann ab und geht weiter durch den Wald.
Doch das tut dann weh: Im Forst geht es kontinuierlich ganze 250hm wieder bergauf bis oberhalb der Baumgrenze, wo man dann auch den Notabstiegsweg abholt und dann über ein Schotterfeld alles wieder runter bis man schließlich wieder auf den Hochstaufen Normalweg trifft. Ein Bankerl mit traumhafter Aussicht auf Watzmann und Hochkalter läd zu einem letzten Päusschen ein. Nach ganzen 10:30h sind wir schließlich wieder am Auto und die Fußsohlen brennen.
Fazit
Eine wirklich nicht zu unterschätzende Tour. Aber eine herrlich schöne Überschreitung. Die Gipfel sind bei gutem Wetter leider völlig überlaufen. Chiemgau Alpin voll und ganz!