Einer der groß geplanten Touren dieses Jahr sollte der Hochvogel sein. Die Zugspitze des Allgäu und gar nicht typisch für das grün-hüglige Bergland, sondern vielmehr schon Teil der Hochalpen. Prächtig überragt die markante, breite Spitze des Berges alle umliegenden Tannheimer und Allgäuer Alpen. Von so einigen weit entfernten Gipfeln bestaunte ich diesen Berg, den man genauso leicht wiedererkennt wie die Zugspitze. Also war es Zeit auf dessen Gipfel zu stehen!
Aktuell ist nur der Weg von Norden möglich, da dieser Berg schon sehr lange Absturzgefährdet ist. In dieser Region arbeitet der Fels stark und die Gesteinsschichten pressen immer stärker auf einander (was man auch sehen kann). Mittlerweile gibt es eine Meterbreite Kluft, die den Riss am Gipfel zeichnet: Nicht mehr lange bis die Südseite abgeht. Über das Prinz-Luipold-Haus ist also die aktuell sichere Route noch möglich, allerdings ist es ein weiter weiter Weg!
Erstmal sind wir bis Hinterstein (hinter Bad Hindelang) gefahren wo man dann erstmal den richtigen Parkplatz (mit Übernachtungserlaubnis). Dann sollte man unbedingt den Bus um 08:15 Uhr erwischen, andernfalls wird es schon knapp mit dem Gipfelerfolg. (Jede Stunde ein Bus) Oder man kommt mit dem Fahrrad und radelt zum Giebelhaus. Von dort wanderten wir los weiter in das Tal hinein über Asphalt. Ein großer Berg erscheint über dem Wald in der Ferne (Nein das ist noch lange nicht der Hochvogel!)
Dem Asphaltierten weg folgten wir hinauf vorbei an einem Schneefeld das von Erde bedeckt war und nun Gras darauf wuchs… Nach 40 Minuten erblickten wir dann die volle Schönheit des sehr allgäuischen Hintersteiner Tals: Grüne Riesen umringten uns! Dort wo all die Mountainbikes parkten führte ein Wanderschild uns nun auf einen Pfad zum Prinz Luipold Haus. Der Weg führte durch den Wald vorbei an prächtigen Wasserfällen weiter bergauf. Oberhalb des Waldes erreichten wir eine kleine Alm. Von jetzt an über mittelschweren Wanderweg immer weiter auf den Wiedemerkopf (den wir zunächst für den Hochvogel hielten) zu. Direkt an dessen Fuße lag die Hütte!
Wir meldeten uns an, machten Brotzeit und warteten auf die Meli die uns relativ schnell einholte. Ein großes Kar umringt von imposanten Bergen eröffnete sich hinter der Hütte. Wir überlegten welcher von den ganzen Gipfeln wohl unser Ziel war, doch Spoiler: Keiner von ihnen! Um 12 Uhr hieß es dann Aufbruch zum Berg. 3 Stunden sind offiziell ausgeschildert und das kam auch wirklich hin! Ab jetzt folgt man den roten Markierungen, zunächst um den kleinen See herum und dann weiter hinein in das gewaltige Kar. Wir hatten leichten Zeitdruck, denn zum späteren Nachmittag war ein Gewitter angekündigt, also beobachteten wir ständig die Wolken, die sich bereits immer mehr zuzogen.
Nach 2:40h erreichten wir einen Felsbrocken der eine Weggabelung darstellte. Entweder nach Osten zum Hochvogel über den kalten Winkel oder nach Süden über den Klettersteig. Also entweder sehr steiler Firn oder etwas kraxeln. Wir folgten den Weg tiefer hinein in das Kar nach Süden und überquerten auch ein paar Schneefelder. Weiter drinnen war das Firngelände dann etwas steiler, also zogen wir unsere Steigeisen an. Nur ein kurzes Stück später, dass aber sehr steil war, konnten wir sie wieder ausziehen. Wir waren nun an der Kluft der umringenden Berge angekommen: Ein Drahtseil führte weiter hinauf durch eine Scharte hindurch. Vom Niveau her war das A/B (also relativ leicht). Achtung: An dieser Stelle ist es sehr ratsam umzukehren, sollte das Wetter nicht stabil sein! Bei Nässe ist der Rest des Weges nicht zu empfehlen und es gibt keinen Schutz mehr vor Gewitter. Hinter der Scharte eröffnete sich nun plötzlich der gewaltige Hochvogel! (3:40h)
„Der Berg dahinter also…“ dachte ich mir. Bis her unsichtbar und jetzt noch so hoch, dass man ihn ehrfürchtig ansah. Wie eine gigantische Mauer aus Kalkgestein erhob er sich vor einem. Da man über die Scharte beinahe die Kreuzspitze überschritt musste man nun erst ein Stück absteigen auf ein Joch. Das sehr steile Schneefeld des Jochs war kalte Winkel. Später erfuhren wir, dass sich eine verletzte Frau wohl irgendwo hier befand, davon bekamen wir aber nichts mit. Generell hatten wir kaum Leute getroffen. Als wir am Joch waren und es zu nieseln begann und die Bergketten rundum nach Regen aussahen überlegte ich erneut „Wenn wir da jetzt raufgehen, sind wir erst in 2 Stunden wieder hier und da darf uns das Gewitter nicht holen!“
Wir waren aber zuversichtlich, dass es halten würde, also sind wir weiter. Eine gute Stunde geht es jetzt noch am Hochvogel hinauf. Die Umgebung war jetzt höchst alpin: Schroffe & kahle Felswände und Türme aus Kalkgestein. Alles war groß und mächtig und ein starker Wind pfiff. Der Aufstieg ging jetzt schon noch in die Knochen! 1400hm hatten wir bereits gemacht und jetzt hieß es teilweise klettern im I. Grad. Nach Gesamt 4:45h standen wir dann schließlich am Gipfel des Hochvogel und waren erstaunt über die große Kluft des Risses.
Die Sonne kam hervor und beleuchtete die umliegenden Berge. Alle Tannheimer bis nach Füssen und die Zugspitze im Osten. Im Süden die Allgäuer Hochalpen und der Große Krottenkopf. Im Nordwesten der hohe Ifen, alle Allgäuer und besonders markant: Die Bergkette des Nebelhorns. Wir stiegen jetzt wieder alles ab wie wir gekommen waren und dann wieder die Kreuzspitze hinauf, deren Gipfel wir nun auch besuchten. Dann gings wieder über den Klettersteig in das Kar zurück und über das Schneefeld in Steigeisen hinunter.
Doch dann holte uns das Gewitter schließlich ein. Wir konnten gerade noch so die Regensachen anziehen als es wie verrückt zu stürmen anfing. Dann prasselte ein Regen runter den man so richtig spürte. In Sekundenschnelle waren wir bis auf die Zehenspitzen klitsch nass, dann hagelte es. Bei dem Orkan war das so schmerzlich, dass wir uns auf den Boden knieten. Wie Softairkugeln donnerten die Eiskörner runter. Zum Glück ließ der Hagel schnell nach und wir rannten komplett weglos über Schneefelder zur Hütte runter. Um 17:30 Uhr waren wir schließlich zurück. Hätte uns das Berggewitter am Hochvogel eingeholt, hätten wir es komplett absitzen müssen, so wie die Frau die immer noch nicht gerettet war…
Die Hütte war rappelvoll, und es war laut im Gastraum. Etwas zu groß und offen der Raum… Wir tranken viel Bier und aßen gut und genossen die untergehende Sonne nach dem Sturm. Ein lustiger Abend! Wundersamerweise kamen die meisten Leute vom Schrecksee und waren neugierig über unsere Tour zum Hochvogel. Es gab einen Trockenraum, große Lagerräume und Duschen. Am nächsten sind wir dann abgestiegen zurück zum Giebelhaus und von dort mit dem Bus wieder nach Hinterstein, wo wir uns dann noch eingekehrt sind, bevor es nach Hause ging.
Fazit
Der Hochvogel will erobert werden! Gesamt waren es 21km und 1700hm. Von daher ist die Hüttenübernachtung wirklich sinnvoll. Die Tour ist wahnsinnig großartig! Wer alpines Gelände liebt und sich von großen Bergen imponieren lassen will, ist hier richtig. Dort oben ist man allerdings den Elementen komplett ausgesetzt, daher ist der Berg nur bei gutem Wetter zu besteigen. Insgesamt schwere Bergtour, die auch sehr lange ist, aber auch nicht zu technisch (A/B – I)