Der Großglockner – Höchster und gleichzeitig Heiligster Berg Österreichs. Er ist ein Symbol, ein Status, der Alleinstehende König im Land. Aber ihn zu besteigen setzt einiges voraus, wie ich finde! Neben dem Stüdelgrat (AD+, IV), gibt es noch den Normalweg über das Glockner Leitl von der Adlersruh aus (PD+, II+), welchen wir für unsere Teamstärke wählen. Aber zuerst mal ein paar Facts:
Ihr solltet keine Hochtourenanfänger sein, sondern neben einem absolvierten Hochtourenkurs auch schon ein paar leichtere bis mittelschwere HT gemacht haben.
Absolute Trittsicherheit und Schwindelfreiheit ist sowieso klar!
Ihr solltet euch zumindest im II. Grad wohl fühlen und diesen auch ab klettern können.
Ihr solltet früh starten
Eure Seilschaft sollte stark sein, nicht nur du selbst.
Es ist von immensem Vorteil, wenn ihr ein paar Sicherungstechniken kennt und wenn ihr im Gelände zügig, aber sicher seid.
Plant ein, dass ihr massenhaft Gegenverkehr am Grat habt.
… ODER: Ihr geht mit einem Bergführer, so wie es 90% der Gipfelaspiranten machen.
Über den Mürztaler Steig zur Adlersruh
Hinterm Bergführerdorf Kals am Großglockner fahren wir die Mautstraße hinauf bis zum Lucknerhaus. Hier gibt es ausreichend Parkplätze. Ihr werdet jetzt schon staunen wie viele Autos hier bereits parken. Von hier geht es aber erstmal ganz gemächlich und chillig hinein ins große Becken des Königs – den ihr übrigens schon prächtig, wie ein Berg nur sein kann, in der Ferne seht. Mich erinnert er von seiner Form eher an den Aggenstein ;)
Weiter entlang der Fahrstraße schlängelt sich unser Weg hinauf zur ersten Alm: Der Lucknerhütte. Dort kann man sich vor oder nach der Tour es in einer Sommerliege bequem machen. Wir trinken einen Kaffee und ziehen dann weiter. Hinter der Hütte führt der Wanderweg über einen Fluss und dann in endlos vielen Serpentinen immer tiefer hinein ins Hochtal.
Irgendwann folgt der Punkt der Entscheidung: Eine Kreuzung: Wer links geht steigt zur Stüdlhütte auf (von der es dann auch quer über den Gletscher zur Adlersruh ginge) und rechts geht’s zum Mürztaler Steig (Weg 712A), über den wir heute zur Hütte aufsteigen. Also folgen wir dem Weg, der uns über Grashänge zum Ostrand des Tals führt. Irgendwann erreichen wir die Kernzone der Hohen Tauern und der Weg geht über Geröll und schon bald stoßen wir auf das Ködnitzkees, dem südlichen Gletscher des Glockners.
Hier ziehen wir unsere Ausrüstung an und gehen am langen Seil über den Teils Aperen Gletscher voran. Weiter oben ist eine sulzige Schneeauflage. Der Großglockner erscheint jetzt schon sehr nah und ragt imposant vor einem auf. Man hält sich immer noch rechts auf dem Gletscher bis man nach nur wenigen 100 Metern den Einstieg zum Klettersteig erreicht. D.h. wieder Steigeisen aus, und Seil einpacken und ggf. mit KS-Sicherung weiter.
Der Klettersteig auf die Burgwartscharte empor bewegt sich im Bereich B und ist gut abgesichert. Es gibt immer wieder Trittklammern und ausreichend Fixseil. Ab der Scharte flacht das Gelände ab und es geht auf sehr feinem, plattigen und bösligen Schiefergestein weiter. Manche Griffe sind wir Pappe… Weiter oben befinden wir uns dann auf einem Berggrat der geradewegs mit auf und ab zur rechten Schulter der Großglockners führt.
Westseitig umrundet man einen Felsturm mit kurzem Abstieg, der aber auch gesichert ist. Dann folgt eine ausgesetzte Stelle auf schmalem Grat (gesichert mit Seil und Holztritten) die auch mit senkrecht abfallenden Wänden sehr imposant aussieht. Dahinter folgen einige Holzstufen den Grat steiler hinauf, die sogenannte Hühnerleiter. Darüber, am blauen Schartl, geht es wieder gehend auf brösligem Schiefergestein weiter hinauf zu einer Wegkreuzung am Kampl. (Der Weg nach Links geht über die Stüdlhütte – unser Abstiegsweg). Mit jetzt schon deutlich spürbarer Höhe geht es schnaufend noch gute 200hm auf dem Schiefergestein, teils kraxelnd teils gehend, hinauf zur Erzherzog-Johann-Hütte auf der Adlersruh mit 3.451m Höhe.
Die Hütte ist geprägt von ihrer Lage und daher hält es sich mit Offenheit und Freundlichkeit leider etwas in Grenzen. Das Essen ist gut, die Lager passen auch soweit, Wasser gibt es natürlich keins und muss gekauft werden. Preise sind für die höchste Hütte Österreichs angemessen. Frühstück gibt es um 05:30 Uhr.
Gipfeletappe
Nach einer Gewittrigen Nacht, die sehr gruselig auf dieser Höhe ist, brechen wir bewusst vor der Masse auf. Sogar Hans Kammerlander hat uns bei einer gemeinsamen Bergtour geraten auf jeden Fall früh genug los zu gehen. Die Hüttenwirte waren von dieser Idee allerdings alles andere als begeistert. Trotzdem stehen wir und Punkt 5 Uhr Aufbruch fertig als erste Seilschaft vor der Tür in der Dunkelheit um zügig loszugehen.
Wir wissen, dass die unzähligen Gruppen mit Bergführern ein Problem für die Etappe sind, aber wie schlimm es wirklich werden würde, war uns noch nicht bewusst. Etwas dem Grat folgend, erreichen wir schnell den Rand vom Gletscher, wo wir uns ans kurze Seil nehmen (denn es folgt ein steiler Hang).
In der Dämmerung erscheint uns die Silhouette des Berges noch sehr düster und bedrohlich. Rechts geht schon bald eine glühend rote Sonne auf. Mitten auf dem Eis hang mit 3 Serpentinen hat Nadja massive Probleme mit ihren Steigeisen daher verlieren wir schon jetzt viel Zeit. Oberhalb des Hangs, geht’s dann schnurstracks auf die Felswand zu, wo das Glockner Leitl auf uns wartet.
Dies ist so einer der Schlüsselparts der Besteigung, aber bereits etwas entschärft worden. Denn der sehr steile Einstieg ist nun mit einem dicken, losen Hanfseil gesichert an dem man sich mehr oder weniger raufziehen muss. Trotzdem sollte das Felsklettern mit Steigeisen hier sitzen. Hier überholen uns nun die ersten 2 Bergführergruppen, aber ist nicht schlimm.
Weiter oben wird’s dann etwas wilder: eine kurze vereiste Rinne erfordert es rein auf Steigeisen und Pickel etwas steiler aufzuklettern (aber keine Sorge im Abstieg ist da nur noch Erde). Dahinter kommen noch einige ungesicherte Felskraxeleien im oberen 2ten Grad. Am gelben Wanderschild ist das Leitl überwunden (das übrigens gut mit Ringen und Bohrhaken A0 zu gehen wäre) und wir stehen am Sattele.
Ab jetzt geht es nur noch am Grat über den Felskamm weiter. Die Steigeisen können jetzt eingepackt werden und es geht ungesichert weiter. Die Bergführer gehen am kurzen Seil und sichern ihre Gäste immer fließend an den Eisenstangen (was wir auf dem Rückweg dann auch so machen). Die Eisenstangen sind super für die Orientierung des Weges! Bis II- geht es am Fels immer so weiter. Das Ganze wird immer ausgesetzter und spektakulärer. Manche Momente erinnern mich an den Jubiläumsgrat. Wir überschreiten nun den Plattigen Gipfelgrat des Kleinglockners.
Dahinter geht’s über ein Fixseil (C) steil hinab in die Glocknerscharte (oder auch Pallavicinirinne). Das ist so eine kurze Nervenprobe: Schmales Schneeband. Dahinter geht’s nochmal steil weiter hinauf mit ein paar schwierigeren Kletterpassagen die etwas Mut erfordern. Aber dann ist es geschafft: Das Goldene Kreuz des Großglockners ist erreicht!! Willkommen am Dach Österreichs. Der Glocknergrat sieht von hier eindrucksvoll aus. Besonders der Blick auf das Gebiet des Großvenedigers ist klasse. Man fühlt sich erhaben und ist stolz es geschafft zu haben. Für einen kurzen Moment haben wir den Gipfel sogar für uns allein, bis schon bald andere Gruppen uns einholen.
Dann geht der Schrecken aber los! Der Rückweg ist ein Desaster, kurzum: Wir haben zur Hütte über 4 Stunden gebracht, also fast doppelt so lang wie hinauf. Es kam uns eine unendliche Kette von sich gegenseitig überholenden Seilschaften entgegen und deren Bergführer so unfassbar egoistisch und Rücksichtslos wie es nur geht: Mit Ellbogen raus über unsere Hintersicherungen mit der Seilschaft gestiegen, sodass wir uns nicht bewegen konnten bis sie weg waren.
Da hinten rückt das humanistische Unheil näher
Und leider hört diese Schlange nie auf: Eine Gruppe nach der anderen will an uns vorbei…. Teilweise kamen die Gruppen dann auf dem Rückweg vom Gipfel wieder an uns vorbei um uns von hinten zu überholen, und wir standen immer noch rum und warteten auch mal wieder weiter zu können. Totale Katastrophe!!! Meine Nerven lagen irgendwann total blank…. Eine von unserer Gruppe hatte dann auch eine Panikattacke usw.
Nie wieder gehe ich auf den Großglockner! So ein heftigen Bergsteigeregoismus ertrage ich nicht mehr. In der Situation konnten wir nicht mehr sichern, wir haben es versucht aber die anderen sind einfach trotzdem reingestiegen, sodass es Witzlos war. Also: Sichern am Glockner bringt bei diesen schieren Menschenmassen nichts, ihr müsst da am kurzen Seil oder Frei runterkommen! Und am besten man ist schnell unterwegs, damit man nicht permanent von anderen überholt werden. Dort oben wird man zum Wettrennen gezwungen!
Abstieg über die Stüdlhütte, Fazit
Nach den Strapazen war es für uns kaum zu ertragen an der Hütte zu sein. All den Leuten hätte ich zu gern Vorwürfe gemacht… Sie alle benehmen sich super cool und von Oben herab und feiern wie erfolgreich sie am Gipfel waren. WIR sind als erstes aufgebrochen und fast als letzte Gruppe zurückgekehrt.
Unseren Abstieg wählen wir nun über die Stüdelhütte. Am Kampl biegen wir diesmal nach rechts ab, über ein kurzes Gletscherfeld fahren wir ab, wo uns ein kurzer Klettersteig erwartet (Schwierigkeit C). Dort gehts etwas senkrechter die Wand am Fixseil runter bis man dann wieder auf das Ködnitzkees stößt. Hierbei ist aber eine etwas breitere Randkluft zwischen Felswand und Eis zu überwinden. Am einfachsten ist es zu springen.
Jetzt geht es wieder am Seil einmal quer über den Gletscher bis man südwestlich davon schließlich entlang eines kleinen Gletschersees den Glockner zurücklasst und wieder auf einen Wanderweg stößt. Diesem folgen wir nun hinab direkt auf die Stüdlhütte zu, von der aus man den Großglockner über die Westliche Flanke, dem deutlich schwierigeren Stüdlgrat, überschreiten kann. Wir das moderne Gebäude aber ohne nähere Begutachtung zurück und machen uns direkt an den noch immer langen Abstieg entlang des Wanderwegs hinab zum Lucknerhaus.
Mein Fazit zur Tour: Es ist ein schöner Berg! Und die Kraxelei und die alpinen Anforderungen empfand ich für mich als nicht all zu schwer aber dennoch fordernd, sodass man schon eine gewisse Erfahrung mitbringen muss. Insgesamt ein geiles Bergerlebnis von der Ausicht, dem sehr schönen Hüttenzustieg usw. alles in allem ein geiler Berg. ABER.... der Bergführer Wahnsinn am Gipfelgrat ist wirklich ein Nogo. Das hat uns leider die Tour gänzlich kaputt gemacht. Daher werd ich es mir nochmal ganz genau überlegen wie und ob ich nochmal zum Glockner gehen werde.